KEVIN GALLAS: TROTZ KNOCK-OUT ZUM SIEG
Als Favorit kam der frisch gebackene SuperEnduro Junioren Weltmeister zum ersten Rennen der neuen Hard Enduro Series Germany nach Crimmitschau. Aber dass in diesem Sport immer auch mit unliebsamen Überraschungen zu rechnen ist, zeigte der kapitale Abflug von Gallas gleich in der ersten Runde.
Für den Prolog waren am Vormittag für die 164 Fahrer zwei Runden vorgesehen. Die schnellste Runde ergab den Startplatz. Gallas kam in der ersten Runde gut durch und beließ es dabei, denn inzwischen bildeten sich Staus an den Hängen und die Zeit wäre nicht mehr zu verbessern gewesen. Mit über 2 Minuten Vorsprung auf den Zweiten sicherte sich der 21-jährige Badener Startplatz 1 für das Hauptrennen am Nachmittag.
Der Le Mans-Start gelang perfekt, Gallas holte sich den Holeshot und stürmte auf die Strecke. Sein Plan schien aufzugehen: am Anfang vorne wegfahren, Distanz aufbauen und dann kontrolliert das Rennen zu Ende zu fahren. Doch gleich in der ersten Runde wurde Gallas an der schnellsten Stelle des Rennens an einer Bodenwelle ausgehebelt, stürzte vom Damm hinunter und prallte gegen einen Baum. Erinnern kann sich Gallas nicht an diesen Sturz, aber er hat es mit seiner Helmkamera aufgezeichnet. Als er wieder zu sich kam, lag er unter dem Motorrad und konnte zunächst nicht atmen. Er hoffte auf Hilfe, aber er realisierte schnell, dass wohl niemand seinen Sturz bemerkt hat. Als er wieder einigermaßen Luft bekam und ein schneller Body Scan keine Einschränkungen ergab, befreite er sein Motorrad aus dem Geäst und fuhr wieder auf die Strecke zurück. Gallas wusste nicht, wie viele Fahrer inzwischen die Stelle passiert hatten und ob er das Rennen würde weiter oder gar zu Ende fahren können. Er fuhr deshalb die erste Runde verhalten weiter, horchte in sich hinein, checkte alles ab, was er konnte. Beweglichkeit war gegeben, Kopf war klar, ganz tiefe Atemzüge waren zunächst noch schmerzhaft. Aber er fühlte sich in der Lage, das Rennen wieder aufzunehmen.
Von außerhalb der Strecke zeigte man ihm Platz 10 an – er ahnte, dass es keine leichte Aufgabe werden würde, in der hochsommerlichen Hitze auf diesem schweren und schnellen Rundkurs Robert Scharl und Leon Hentschel einzuholen. Beide hatten mit ihren Zeiten im Prolog gezeigt, dass sie die Strecke fahrtechnisch im Griff haben und auch auf den schnellen Passagen enormen Speed fahren können.
Zwei Stunden lang jagte Gallas am absoluten Limit über die Strecke und arbeitete sich bis auf eine Minute an die beiden Führenden heran. Gallas fährt noch mit einer Vergaser- Husqvarna ohne Einspritzung, was durch seine Aufholjagd zu zwei Tankstopps führte. Wieder machte der junge Nachwuchsfahrer seinem Hauptsponsor Grenzgaenger alle Ehre – indem er weiter über seine Grenzen ging, das Führungsduo einholte und sich an deren Fersen heftete. Als diese bemerkten, dass Gallas von hinten aufschloss, gaben Scharl und Hentschel alles und hielten eine ganze Runde dem Druck des Weltmeisters entgegen. Nach zweieinhalb Stunden ließen sie Gallas fair passieren, ohne dass dieser zu waghalsigen Überholmanövern gezwungen wurde. Er konnte sich etwas absetzen, machte dann aber zwei dumme Fehler: einmal verfehlte er die optimale Spur an einem Hang und blieb hängen, und nach einer Röhre stürzte er unnötig. Leon Hentschel konnte dies ausnutzen und Gallas einholen. Eine halbe Runde lang versuchte er noch einmal alles, um Gallas die Führung abzuringen. Aber dieser ließ sich den Sieg nicht mehr entreißen und war heilfroh, als er nach drei Stunden endlich den Zielhang erklimmen konnte und die Zielflagge sah. Neben dem Rennsieg hat er auch den X-Grip Prolog Award gewonnen und die schnellste Rennrunde gefahren.
Kevin Gallas: „Ich bin sehr stolz darauf, dass ich nach diesem Crash die Nerven behalten habe und das Blatt wenden konnte. Neben dem Dank an mein Team Hill Climb und meine Sponsoren möchte ich auch den Veranstaltern für die Arbeit und die gute Organisation danken. Mit einer herausfordernden Strecke, die sowohl technisches Können als auch schnelles Fahren abverlangte, ist der Auftakt zur Deutschen Hardenduro Serie gelungen.“
Erneut konnte Kevin Gallas mit einer enormen psychischen und physischen Stärke ein Rennen für sich entscheiden. Das Training bei Endurides by Marko Prodan in Kroatien hat ihm weitere Sicherheit und Fahrgefühl vermittelt. Der technische Support durch MH Motorräder hat dazu beigetragen, dass das Bike die Strapazen überstanden hat. Und ganz viel Glück hat Schlimmeres verhindert.
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