FIM GREECE RALLY 2024: 1700 KILOMETER CROSS-COUNTRY DURCH GRIECHENLANDS WILDNIS
Mit spektakulären Routen und technisch anspruchsvollen Sonderprüfungen lockt die Greece Rally Jahr für Jahr Cross-Country-Enthusiasten in die malerischen Landschaften Griechenlands. Die rund 1700 Kilometer lange Strecke führt die Fahrerinnen und Fahrer durch schroffe Gebirgspfade, dichte Wälder, trockene Flussbetten und beeindruckende Küstenabschnitte. Dabei erleben sie eine Kombination aus Adrenalin, Entschlossenheit und atemberaubender Natur, die die Grenzen des Möglichen auslotet. In diesem Abenteuer- und Rennbericht erzählt Anton Tyll von seinen Erlebnissen bei der diesjährigen Rallye, die ihn in die Berge rund um Ioannina im Norden Griechenlands führte. Der Bericht beleuchtet die Herausforderungen der siebentägigen Rallye, die den Teilnehmern alles abverlangt – vom technischen Setup der Maschinen über die langen Etappen bis hin zu den anspruchsvollen Herausforderungen des Geländes.
Vorbereitung, Anfahrt und Ankunft
Rallyetypisch habe ich mich für diese Saison wieder einmal für ein 450-ccm-Bike entschieden, wobei auch ein kleinerer Hubraum kein Hindernis gewesen wäre. Nachdem ich das Motorrad dieses Jahr bereits bei Endurorennen in Marokko, Kroatien und Deutschland bewegt habe, war ich zuversichtlich, dass wir beide auch in Griechenland eine gute Figur machen würden. Wie auch im klassischen Enduro sind Mousse und gute Reifen Pflicht. Aufgrund vergangener Erfahrungen habe ich mich erneut für die Produkte von Metzeler entschieden: das Enduro-Medium-Mousse, hinten den MC-360-Reifen, der sehr hart und stabil ist, und vorne den altbekannten Six-Days-Pneu. Da wir eine Reichweite von mindestens 150 Kilometern erreichen müssen, ist ein größerer Tank ebenfalls obligatorisch. Der wohl größte Unterschied zum klassischen Enduro ist das Navigationsequipment: Dieses besteht aus einem Tripmaster, also im Prinzip einem sehr robusten Kilometerzähler, und einem Roadbookhalter, in den das Roadbook eingespannt wird. Dieses Jahr habe ich mich für ein kleines Upgrade des portugiesischen Herstellers F2R entschieden. Der Roadbookhalter hat mich auch bei anderen Rallyes nie im Stich gelassen. Nach nur zwei Nachmittagen in der Garage war der Umbau mit allem Schnickschnack abgeschlossen. Wir waren bereit!
Die Anreise zur Greece Rally ist logistisch nahezu optimal: Da sich die Stadt Ioannina nur etwa eine Autostunde von Igoumenitsa, dem nördlichsten Hafen des Landes, entfernt befindet, musste ich lediglich bis zur Fähre nach Italien fahren. Von Süddeutschland aus sind das insgesamt 800 Kilometer. Insgesamt bedeutet das zwei Übernachtungen für die Anreise, eine davon auf der Fähre. Ich begann die Reise am Donnerstagabend und war bereits Samstagmorgen im Bivouac in Nordgriechenland. Das mag sich zunächst lang anhören, doch für 1700 Kilometer und etwa 30 Stunden auf der Enduro ist es meiner Meinung nach ein guter Deal.
Tag 0: Technische Abnahme und finale Vorbereitung
Nachdem ich den GPS-Tracker an meinem Motorrad angebracht hatte, ging es zur technischen Abnahme. Diese ist weitgehend unspektakulär, allerdings sind funktionsfähige (Brems-)Lichter und eine möglichst originale Auspuffanlage wichtig, da wir auf den Verbindungsetappen auch einige Kilometer auf öffentlichen Straßen zurücklegen würden. Am Abend stand das erste der täglichen Briefings an. Hier wurden wir jeden Abend über die Etappe des nächsten Tages, mögliche Roadbook-Änderungen sowie besondere Gefahrenstellen informiert. Für den kommenden Tag stand der Prolog auf dem Programm, der aus insgesamt 40 Kilometern Verbindungsetappe und 35 Kilometern Sonderprüfung bestand.
Tag 1: Prolog – ein holpriger Start ins Abenteuer
Der erste Fahrer sollte erst um 14:00 Uhr in die Sonderprüfung starten. Für meinen Geschmack war das spät, denn ich war aufgeregt. Ich versuchte auszuschlafen und überprüfte am Vormittag nochmals das gesamte Motorrad, legte meine Ausrüstung und Riegel für die kommenden Tage zurecht und zog mich schließlich gegen Mittag um. Die Fahrer starteten im Minutentakt in die Etappe, sodass ich pünktlich um 13:48 Uhr als neunzehnter Fahrer in die Verbindungsetappe und um 14:18 Uhr endlich in die Sonderprüfung startete.
Da es in der Woche vor der Rallye viel geregnet hat, erwies sich der sonst so harte griechische Boden als unglaublich griffig! Das Roadbook war perfekt, sodass ich bereits nach wenigen Kilometern die ersten Fahrer einholen konnte. Ich fühlte mich pudelwohl. Nach etwa 15 Kilometern ging es in ein Flussbett, dem wir eine Weile folgten. Mit großem Spaß rutschte ich über die nassen Steine, bevor es über ein paar Pisten in ein waldigeres Gebiet ging. Der Boden hier war wohl das, was man als „Werksboden“ bezeichnen würde – ein absoluter Traum! In langgezogenen Drifts ging es bei Kilometer 30 aus dem Wald hinaus, entlang schneller und breiter Pisten. Da es an den Klippen teils hunderte Meter hinunterging, reduzierte ich das Tempo etwas.
Ich wollte mich nicht schon am ersten Tag übernehmen. 54 Minuten später kam ich überglücklich im Ziel an: Platz zwei von 40 Startern. Mit dem Ergebnis, dem Fahrstil und der Navigation war ich sehr zufrieden. Doch der nächste Tag würde herausfordernd werden, denn auf Platz zwei zu starten bedeutete, praktisch keine Spuren zu haben. Eine genaue Navigation würde somit entscheidend sein. Am Vorabend von Tag zwei bekamen wir das Roadbook ausgehändigt und mussten es deutlich abändern. Aufgrund des starken Regens in der vorigen Woche waren komplette Pisten weggebrochen, sodass wir einen Berg umfahren mussten.
Tag 2: Navigationsfehler – ein Rückschlag auf dem Weg zur Spitze
Mit über 200 Kilometern stand heute der erste richtige Rallye-Tag an. Wir starteten mit einer längeren Verbindungsetappe, für die wir zweieinhalb Stunden Zeit hatten. Die Strecke führte durch entlegene Dörfer und auch einige Offroad-Abschnitte, auf denen man sich etwas warmfahren konnte. Am Start der Sonderprüfung angekommen, die hoch im Ski Resort Anilio lag, war es ziemlich kalt. Die wenigen Minuten bis zu meiner Startzeit um 10:31 Uhr verbrachte ich damit, etwas zu essen und meine Glieder wieder aufzuwärmen.
Nachdem mit Roberto Barbieri (Italien) der erste Fahrer in die Stage gestartet war und ich zur Startlinie rollte, war meine Nervosität wie weggefegt. Ich starrte nur noch auf die Uhr, die mir meinen Countdown vorgab. Go! Die ersten Abschnitte der etwa 180 Kilometer langen Sonderprüfung waren richtig schnell und rutschig. Das Roadbook führte über Pisten, die voller grobem Schotter waren, der bei dem hohen Tempo zum „Surfen“ animierte. Mit richtig gutem Flow spulte ich die ersten 30 Kilometer ab, bevor wir unter die Baumgrenze gelangten und die Strecke in den Wald führte. Hier wurde es wieder etwas langsamer und wie auch am Vortag war der Boden herrlich griffig. Ich genoss jeden Meter auf meiner Enduro. Nach etwa 60 Kilometern erreichte ich eine Roadbook-Korrektur, um den Berg, der vom Regen stark betroffen war, zu umfahren.
Statt über die rechte ging es über die linke Bergkette. Einige Kilometer später bog ich links ab und kam an einigen Hirten und deren Herden vorbei. Ich näherte mich einer befestigten Straße und bald passte das Roadbook nicht mehr zu der Piste, die ich befuhr. Verdammt – ich hatte mich verfahren. Ich kehrte um, und die sechs Kilometer, die ich mit maximal 50 km/h zurücklegte (das ist Pflicht auf Rallyes, um Kollisionen mit entgegenkommenden Fahrern zu vermeiden), schienen gar nicht mehr enden zu wollen. Endlich erreichte ich die falsche Abzweigung und sah bereits viele andere Fahrer vor mir. Mein Vorsprung war somit aufgebraucht. Ich pushte, überholte einige Fahrer und machte wenige Kilometer später den nächsten Fehler.
Diesmal bog ich nicht direkt falsch ab, sondern übersah eine enge Abzweigung. Wieder fuhr ich drei Kilometer in die falsche Richtung. Insgesamt fuhr ich mit meinen zwei Anfängerfehlern einen Umweg von fast 20 Kilometern, was mich sicher über 20 Minuten kostete. Unter meinem Helm versuchte ich mich zu beruhigen und die verbleibenden rund 100 Kilometer möglichst fehlerfrei und dennoch zügig zu absolvieren. Trotz meines Malheurs ließ ich mir die Laune nicht verderben, denn das Roadbook führte über immer schmalere, Enduro-typische Waldwege, die enormen Spaß brachten.
Bis zum Tankstopp nach etwas über 100 Kilometern, konnte ich einige Fahrer überholen, tankte dann so schnell es ging nach und setzte meine Verfolgungsjagd fort. Die restliche Strecke brachte ich ohne nennenswerte Fehler hinter mich und konnte den Tag auf Platz zehn beenden. Overall lag ich nun auf Platz acht. Der Versuch, in den kommenden fünf Tagen wieder in die vorderen Ränge zu fahren, würde ein gutes Stück Arbeit bedeuten. Wieder im Fahrerlager angekommen, wechselte ich vorsichtshalber den ersten Hinterradreifen und überprüfte das Motorrad mit besonderer Sorgfalt, denn für die kommenden zwei Tage stand die Marathonetappe auf dem Programm. Konkret bedeutete dies, dass wir an Tag drei in den Ort Meteora fuhren und dort auch übernachteten. Vor Ort gab es lediglich auf der Verbindungsetappe Zeit, um am Motorrad zu schrauben. Ersatzteile konnte ich keine mitnehmen, daher galt es den Tag ohne Schäden zu beenden. Der darauffolgende vierte Tag sollte uns von Meteora wieder zurück nach Ioannina führen.
Tag 3: Marathonetappe – ein Tag voller Herausforderungen
Der heutige Tag war in zwei gezeitete Etappen mit jeweils 130 und 41 Kilometern sowie einer dazwischenliegenden Verbindungsetappe von 75 Kilometern aufgeteilt. Zusammen mit den Verbindungsetappen vor der ersten und nach der zweiten Etappe, sollte der Tag somit etwa 300 Kilometer lang werden. Um 7:39 Uhr startete ich in die erste Etappe. Die Bedingungen waren atemberaubend, da die Wolken so früh am Morgen noch in den Bergen hingen. Zwischen dem Nebel kam immer wieder die tief stehende Sonne hindurch, die noch ziemlich blendete.
Nachdem es einige Kilometer durch enges und steiniges Geläuf ging, öffnete sich das Gelände und ich konnte den ersten Fahrer einholen. Ich versuchte nicht zu sehr zu pushen, um genügend Reserven für den übrigen Tag aufzusparen. In den kommenden 80 Kilometern fuhren wir fast ausschließlich durch breite Waldwege, auf denen man richtig Tempo machen konnten. Die 450-ccm-Maschine im dritten Gang quer durch langgezogene Kurven zu manövrieren und bis zu 130 km/h auf dem Tacho zu haben, bereitete enormen Spaß.
Ich hatte einen super Flow und kämpfte mich so langsam wieder nach vorne zurück. Vor Ende der Etappe führte das Roadbook in Richtung eines Flusses. Hier sollte es ohne ersichtlichen Pfad einige Kilometer parallel entlang des Flusses gehen, bevor wir wieder auf einen Track kamen. Die Strecke über das Geröll und die großen Steine waren nochmal ein richtiges Highlight! Im Ziel der Etappe blieb keine Zeit zum Verschnaufen, denn für die 75 Kilometer lange Verbindungsetappe hatten wir nur zwei Stunden Zeit. Das klingt zunächst ausreichend, allerdings stellte sich schnell heraus, dass die Strecke überwiegend unbefestigt sein würde. Weniger als 15 Minuten vor Ablauf der Zeit schaffte ich es zum Start, versorgte mich mit einem Gel und startete in die 41 Kilometer lange Etappe. Die Stage war ein absoluter Traum!
Im Gegensatz zum schnellen Vormittag glich die Strecke einer Enduro-Prüfung. Zunächst ging es durch einige Flüsse und über Geröll. Ich fühlte mich immer noch super wohl und machte auf dem rutschigen Gelände richtig Tempo. Wenig später ging es in waldigeres und technisches Gelände. Die Waldarbeiter mussten ganze Arbeit geleistet haben, denn der weiche Erdboden war voll mit tiefen Furchen. Das großartige war, dass diese Furchen genau in Fahrtrichtung gerichtet waren und somit wie Anlieger auf einer Motocross-Strecke zu fahren waren – so etwas hatte ich noch nie erlebt!
Ich konzentrierte mich voll auf das Gelände und kam nach 58 Minuten im Ziel an. Was für ein starker Tag! Die verbleibenden 30 Kilometer Verbindungsetappe brachte ich zügig zu Ende, um vor dem Ablauf der Zeit noch etwas schrauben zu können. Glücklicherweise konnte ich keine Schäden entdecken und alle Schrauben und Speichen waren an Ort und Stelle. Somit konnte ich das Motorrad pünktlich in das Parc Fermé schieben. Heute reichte es für Platz drei, was mich Overall auf Platz sechs nach vorne brachte.
Tag 4: Zweiter Teil der Marathonetappe – Navigationsgeschick und Handicaps
Mit großer Vorfreude startete ich in den zweiten Tag der Marathonetappe. Heute standen insgesamt 190 Kilometer auf dem Programm, davon etwa 110 Kilometer mit Zeitmessung. Der Start befand sich nur wenige Kilometer hinter Meteora. Auf der Fahrt über die Straße konnte man aus der Ferne noch einmal die berühmten Felsformationen der Region sehen.
Ich startete von Platz drei in die Etappe und fand zu Beginn einen soliden Rhythmus. Das Terrain war zwar griffig, jedoch befanden sich überall größere Steine, die es zu umfahren galt. Bereits nach etwa zehn Kilometern konnte ich zum Zweitplatzierten aufschließen. Der Engländer machte einen kleinen Navigationsfehler, sodass ich mich an ihn heranfahren konnte und ihn wenige Kilometer später überholte.
Wir fuhren eine Zeit lang gemeinsam, bis ich vor einer steinigen Kurve zu spät bremste und folgend harten Bodenkontakt hatte. Im ersten Moment schien nichts passiert zu sein, doch mein Vorbau war vollkommen schräg. Wenig später entschloss ich mich abzusteigen und durch einen beherzten Tritt gegen das Vorderrad das Motorrad wieder zu begradigen. Die Technik war somit wieder im Lot, allerdings begann meine Kupplungshand, mit der ich den Sturz wohl abgefedert hatte, zu schmerzen. Glücklicherweise verlief der Tag größtenteils auf flüssigem Gelände, sodass lediglich starkes Abbremsen zu größeren Schmerzen in der Hand führte.
Da ich mich jedoch aufgrund der nun eingeschränkten Griffkraft nicht mehr allzu sicher fühlte, nahm ich das Tempo deutlich heraus, um einen weiteren Sturz zu vermeiden. Ich war froh, am Ziel der Sonderprüfung angekommen zu sein. Mit Platz zehn war ich zwar nicht zufrieden, doch aufgrund des nicht besonders anspruchsvollen Geländes hatte ich „nur“ zwölf Minuten auf Platz eins verloren. Insgesamt lag ich nun in der Gesamtwertung auf Platz vier.
Den Nachmittag verbrachte ich damit, das Motorrad nach der langen Marathonetappe wieder einsatzbereit zu machen. Es stand ein weiterer Reifenwechsel sowie ein Öl- und Luftfilterwechsel an. Am wichtigsten war jedoch der Besuch beim medizinischen Personal, das meine Hand für den kommenden Tag stabil verband.
Tag 5: Tempo am Meer – eine rasante Strecke nach Igoumenitsa
Der heutige Tag führte uns über zwei jeweils 100 Kilometer lange Sonderprüfungen von unserem Bivouac bis in die Hafenstadt Igoumenitsa und zurück. Da ich wieder etwa weiter hinten startete, begann am Anfang der ersten Etappe die mittlerweile gewohnte Aufholjagd. Vor allem in den ersten 50 Kilometern konnte ich durch saubere Navigation etwas Zeit und einige Fahrer aufholen. Besonders einprägsam war ein steiler Hang, der in ein Waldgebiet hineinführte. Hier war der im Roadbook angegebene Single-Trail kaum zu sehen, sodass Fingerspitzengefühl bei der Navigation gefragt war. Die folgenden Kilometer waren dann wieder richtig zügig: Während wir in den Vortagen meist durch Gebirge fuhren, waren wir nun fast auf Meereshöhe.
Das flachere Gebiet ermöglichte eine bessere Sicht, die im Vergleich zu den Vortagen nicht durch Bäume oder Serpentinen eingeschränkt war. So konnte man mit großem Tempo in Kurven einfahren und vorausschauender navigieren. Ebenfalls Spaß brachten einige größere Pfützen auf der Piste: Da man diese meist so spät sah, dass für ein Abbremsen keine Zeit blieb, genügte ein beherzter Griff am Gas, um ab und zu über das Wasser zu gleiten. Eine wirklich schöne Etappe!
Im Ziel hatten wir eine Stunde Zeit, um gerade mal 16 Kilometer Verbindungsetappe hinter uns zu bringen. Da ich einen guten Flow hatte und befürchtete, dass die Schmerzmittel für meine Hand nachlassen würden, trödelte ich nicht auf der Verbindungsetappe und startete auf Platz zwei in die zweite Sonderprüfung des Tages.
Gleich nach dem Start ging es wieder höher in die Berge. Die Strecke führte fast kerzengerade entlang eines Berghangs. Ein paar Kilometer lang konnte man wieder richtig Gas geben, doch das Gelände glich beinahe einem Minenfeld. Überall lagen große Steine und teilweise etwas Schrott, sodass ich versuchte, vorsichtig zu sein – was aber nicht ganz funktionierte. Mit über 100 km/h kollidierte ich fast mit einem Felsen. Ich zog im letzten Moment am Gas, sodass nur mein Hinterrad Kontakt mit dem Felsen hatte, der aus dem Boden ragte und schlecht zu sehen war. Der Dämpfer komprimierte abrupt. Ich hielt das Gas weit offen, um die Stabilität zu bewahren. Glück gehabt, denn rechts neben der Piste ging es tief hinunter. Auch das folgende Gelände animierte zu einer schnellen Gangart, allerdings ließen die Steine und Felsen das nicht immer zu, sodass ich Vernunft über Spaß stellte.
Im Gegensatz zur ersten Etappe des Tages fand ich diese anspruchsvoller. Während ich zu Beginn noch gelegentlich Spuren des Fahrers vor mir sah, waren diese nach etwa 70 Kilometern komplett verschwunden. Obwohl das Roadbook zur Strecke passte, hatte ich zwischendurch ein ungutes Gefühl. Egal – Zähne zusammenbeißen und durch! Nach etwa zwei Stunden und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 49 km/h erreichte ich als Erster das Ziel. Geschafft!
Ein gutes Gefühl, vor allem nach dem enttäuschenden Vortag. Heute belegte ich Platz zwei und lag Overall weiterhin auf Platz vier. Meinen Rückstand auf Platz drei konnte ich jedoch auf weniger als zwei Minuten reduzieren.
Tag 6: Fokus auf Navigation
Der heutige Tag sollte mit nur etwa 130 Kilometern Sonderprüfung zwar kurz, dafür aber in der Navigation umso anspruchsvoller werden. Das betonte der Veranstalter im Briefing am Vortag, sodass ich mir etwas mehr Zeit für die Vorbereitung des Roadbooks als gewöhnlich nahm. Und tatsächlich: Die Abstände zwischen den Wegpunkten betrugen teilweise nur 100 Meter und ein großer Teil der Strecke führte über Trails.
Wie auch amverflixten zweiten Tag, an dem ich einen großen Navigationsfehler begang, startete ich auf Platz zwei in die Etappe, was bedeutete, dass ich kaum Spuren von vorausfahrenden Fahrern hatte. Die Etappe begann wie erwartet auf Pisten mit unzähligen Abzweigungen: Links, rechts, links, links, rechts – es schien gar nicht mehr aufzuhören. Ich versuchte, mich so gut es ging zu konzentrieren, keine Abzweigung zu übersehen und möglichst selten über Kurven hinauszuschießen. Das gelang mir gut, und nach etwa 30 Kilometern verließ ich für eine kurze Zeit das Labyrinth und gelangte auf schnellere Abschnitte. Der Blick, den ich erhaschen konnte, bevor es wieder zwischen die Bäume ging, war mal wieder atemberaubend: Berge ohne Zivilisation soweit das Auge reicht. Man kann sich kaum vorstellen, welch schöne und entlegene Ecken es in diesem Land gibt.
Nachdem ich etwa 70 Kilometer der Etappe erfolgreich zurückgelegt hatte, kam ich an eine herausfordernde Stelle: Das Roadbook führte uns in ein Tal bis zu einem ausgetrockneten Fluss. Der Pfad war dabei sehr schmal und kaum ersichtlich. Nachdem ich den Fluss erreicht hatte, leitete mich das Roadbook wieder hoch in die Berge – allerdings fast drei Kilometer ohne einen weiteren Hinweis. Genau dieses Gefühl, in vollkommen unbekanntem Gebiet unterwegs zu sein, sich zurechtfinden zu müssen und dabei noch gegen die Uhr zu fahren, ist das, was für mich das Rallyefahren auszeichnet. Nach den drei Kilometern gelangte ich auf die richtige Piste und ein enormes Gefühl der Erleichterung machte sich breit. Die verbleibenden Kilometer der Etappe waren dann etwas weniger technisch und ich konnte meinen Kopf wieder mehr aufs Fahren und weniger aufs Navigieren fokussieren.
Tag sechs beendete ich auf Platz drei und lag somit in der Gesamtwertung auf Platz vier. Nach fast 19 Stunden gewerteter Fahrzeit hatte ich lediglich 4:11 Minuten Rückstand auf Platz drei und 7:01 Minuten Vorsprung auf Platz fünf.
Tag 7: Ziel in Sicht
Am siebten und finalen Tagen standen die letzten 100 Kilometer Sonderprüfung auf dem Programm. Bereits beim Aufstehen spürte ich die Strapazen der letzten Tage deutlich: Ich war müde, mein unterer Rücken war stark beansprucht und vor allem tat mir meine Kupplungshand nach dem Sturz am vierten Tag ziemlich weh.
Am Start der Etappe angekommen sah man auch den anderen Startern an, dass sie dringend eine Pause brauchen würden. Müde Gesichter, die sich sehr auf die Zielankunft freuten, schmunzelten unter den Helmen hervor. Mein Plan war somit klar: nichts riskieren, um gesund und glücklich nach Hause zu kommen. Den Anfang der Etappe machte die Strecke des Prologs – nur in umgekehrter Richtung. Das Flussbett, durch das ich an Tag eins noch voller Freude raste, wurde zu einem Feind, der mich diesmal zu Fall brachte. Auch in den folgenden Kilometern wollte sich kein richtiger Flow einstellen. Trotz Vorsicht und deutlich langsamerer Geschwindigkeit machte ich Fehler, die mich fast vom Motorrad holten.
Zur Hälfte der Etappe fuhr ich dann auch noch etwas zu schnell durch eine Geschwindigkeitszone in einem Dorf. Das war mir die ganze Woche nicht passiert und könnte mir auf den letzten Metern noch meine Platzierung kosten.
Die übrigen Kilometer der Etappe brachte ich solide, wenn auch mit steifem Körper, hinter mich. Im Ziel angekommen war die Erleichterung groß: Nach über 1500 Kilometern auf dem Motorrad hatte ich es endlich geschafft! Als ich erfuhr, dass der am Morgen noch auf Platz drei liegende Fahrer, der etwa vier Minuten Vorsprung auf mich hatte, die Etappe aufgrund eines Defekts nicht beenden konnte, rutschten alle Fahrer einen Platz in der Rangliste nach vorne.
Platz drei Overall und Platz zwei in der 450-ccm-Klasse waren somit sicher! Am glücklichsten war ich jedoch darüber, dass ich trotz der Strapazen und Fehler gesund geblieben war und sieben Tage lang riesigen Spaß hatte.
Fazit:
Die Greece Rally ist weit mehr als ein reines Rennen. Sie ist eine unvergleichliche Herausforderung, die körperliche Ausdauer und mentale Stärke auf die Probe stellt. Die Tage voller Adrenalin, technischer Pannen und triumphaler Momente haben mich an meine Grenzen gebracht und mir dennoch das Gefühl gegeben, eine unvergessliche Erfahrung gemacht zu haben. Die Landschaften, die unberechenbaren Streckenabschnitte und das Gefühl, die Rallye erfolgreich gemeistert zu haben, machten das Abenteuer einzigartig. Ein großes Dankeschön an die Organisatoren und an meinen treuen Begleiter auf zwei Rädern. Gemeinsam haben wir das Beste aus jeder Situation gemacht und Dinge erlebt, die mir noch lange in Erinnerung bleiben werden.
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