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BIG BIKE – BIG MOTIVATION! DIE GESCHICHTE VON KEVIN GALLAS BEI DEN RED BULL ROMANIACS 2024

Kevin Gallas, ein Name, der in der Enduro-Szene für Aufsehen sorgt, hat sich für die Red Bull Romaniacs 2024 etwas ganz Besonderes vorgenommen: Er wird erneut mit einer Yamaha Ténéré 700 antreten, einem Motorrad, das normalerweise nicht für solche extremen Herausforderungen verwendet wird. Bereits im letzten Jahr hatte er bei den Romaniacs auf einer Ténéré 700 teilgenommen und überraschende Erfolge gefeiert. Seine Reise begann 2020 mit einem Videoprojekt zusammen mit Touratech, das seine Faszination für die Ténéré 700 weckte. Seitdem hat Kevin nicht nur die Wüsten in Marokko auf diesem Bike erkundet, sondern auch bei den Romaniacs 2023 beeindruckende Leistungen gezeigt. In diesem exklusiven Interview spricht Kevin über seine Inspiration, die Vorbereitung, die Besonderheiten seiner Maschine sowie über die Reaktionen der Community und seine Ziele für das Rennen. 

Hey Kevin, was hat dich dazu inspiriert, mit einer Yamaha Ténéré 700 bei den Red Bull Romaniacs 2024 anzutreten?

Kevin: Bereits 2020 habe ich zusammen mit Touratech ein Videoprojekt auf einer Yamaha Ténéré 700 umgesetzt, weil mich das Bike einfach fasziniert hat. Es war das erste Bike der Klasse, das mich optisch abgeholt hat, und ich wollte herausfinden, wie es sich wohl fahren würde. Daraufhin habe ich mir 2022 selbst eine Ténéré 700 World Raid gekauft, um in Marokko durch die Wüste zu fahren. Als im Jahr 2023, nur wenige Tage vor den Romaniacs, mein Freund Pol Tarrés anrief und mich fragte, ob ich mit ihm im Team auf einer Ténéré die Romaniacs fahren wolle, gab es natürlich nur eine Antwort: JA! So ging es komplett ohne Vorbereitung nach Rumänien und es war die beste Woche Motorradfahren, die ich je hatte. Seither bin ich auf der Jagd nach diesem Gefühl!

Wie hast du dich auf diese außergewöhnliche Herausforderung vorbereitet?

Kevin: Ich habe mich dieses Jahr fitnesstechnisch sehr gut vorbereitet. Mein Umfeld zuhause ist sehr aktiv, wir gehen viel Fahrradfahren und ins Fitnessstudio. Außerdem habe ich das Bouldern für mich entdeckt, was an den Regentagen zu meinen Lieblingsaktivitäten zählt. Seit knapp vier Wochen bin ich auf einer Ténéré 700 GYTR unterwegs, die Replica der Werks-Rallyebikes. Damit war ich ein paar Tage in Bosnien und Kroatien fahren und trainieren. Ténéré-typisch habe ich mich direkt am ersten Tag pudelwohl gefühlt und bin sehr zuversichtlich für Rumänien.

Was sind die größten Unterschiede zwischen einer Enduro-Maschine und einer Reiseenduro wie der Ténéré 700?

Kevin: Der größte Unterschied ist wohl das Konzept. Die Enduros sind Rennmaschinen, die straßenhomologiert sind. Die Ténéré ist ein Straßenbike, das einfach so gut entwickelt wurde, dass über die Jahre immer mehr Menschen entdecken, wie viel Potenzial in dem Paket steckt. Die Enduros haben nur einen Zylinder, sind sehr leicht und filigran gebaut, haben ein sehr gutes Leistungsgewicht und sind nahezu unzerstörbar. Auch schwerere Stürze haben hier meist keine größeren Schäden zur Folge. Die Ténéré hat zwei Zylinder, Tacho, Display, ABS, einen recht großen Tank und vor allem eins: jede Menge Komfort. Serienmäßig wiegt die Ténéré über 100 Kilogramm mehr als ein Enduro-Bike.

Welche spezifischen Modifikationen hast du an deiner Ténéré 700 vorgenommen, um sie für die Red Bull Romaniacs tauglich zu machen?

Kevin: Bei Motorradtke haben wir in kurzer Zeit ein perfektes Racebike gebaut. Yamaha hat mit den GYTR-Produkten ein Zubehörprogramm auf dem Markt, das keine Wünsche offen lässt. Hier kann sich jeder seine Ténéré(und andere Bikes) nach Herzenswunsch modifizieren. Unser Fokus war ganz klar: Wir wollten keinen geheimen Prototypen bauen, sondern mit einem Bike an den Start gehen, das sich jeder Kunde genauso kaufen kann.
Im Internet gibt es immer wieder kuriose Meinungen über unsere Ténérés, die Teile und das Gewicht. Im Endeffekt sind es dieselben Modifikationen, die man auch an einem Enduro-Bike machen würde, wenn man damit Weltmeisterschaft fahren will. Wir haben das komplette Performance-Kit und das komplette Handling-Kit von GYTR verbaut, haben somit eine andere Ansaugung, einen Akrapovič-Titan-Auspuff, eine 48-Millimeter-KYB-Gabel, einen Touratech-Stoßdämpfer, andere Räder (in Enduro-Maßen, 2,15" Hinterradfelge) und nur noch eine Scheibenbremse vorne.

Für das Rennen werden wir Enduro-Reifen mit Mousse fahren. Ansonsten haben wir versucht, alles auszubauen, was wir nicht brauchen, also ist das komplette ABS ausgebaut, das Display vorne wurde abgebaut und wir haben keine Blinker und Spiegel mehr. Außerdem haben wir einen Plastiksatz aus gummiertem Plastik, das nicht brechen soll, wenn man einmal zu Sturz kommt. Es wird ein verstärkter Unterfahrschutz verbaut und eine Rallye-Sitzbank. Außerdem kommen andere Fußrasten dran für mehr Grip. Das klingt erstmal sehr umfassend, es sind aber für jeden Endurofahrer eigentlich die Standardumbaumaßnahmen für ein Motorrad, das im Renneinsatz verwendet werden soll. Ein riesiger Dank geht hier noch einmal an Lars Sänger und das gesamte Motorradtke-Team, die das Projekt in Rekordzeit umgesetzt haben!

Welche Herausforderungen erwartest du während des Rennens, insbesondere aufgrund der Wahl deiner Maschine?

Kevin: Ich habe zum Glück die Erfahrungen vom letzten Jahr und konnte auch in Kroatien mit guten Fahrern fahren, um zu sehen, wo meine Stärken und Schwächen mit dem Big Bike liegen. Der wichtigste Schlüssel zum Erfolg wird sein, das Risiko zu minimieren. Es gibt viele Stellen, wo man mit einem kleinen Fehler ein riesiges Problem kreieren kann. Im besten Fall schaffe ich es, nicht zu stürzen, das Bike nicht aufheben zu müssen und alles heile zu lassen. Letztes Jahr habe ich an den falschen Stellen zu viel gepusht und musste dafür bezahlen. Das versuche ich dieses Jahr besser zu machen. Ich weiß, dass ich an engen technischen Stellen den gleichen Speed fahren, mit dem großen Bike aber keine Zeit gutmachen kann. Die sehr technischen Auffahrten oder Hindernisse liegen mir gut und da kann ich etwas mehr riskieren. Außerdem, je offener und schneller die Strecke wird, desto mehr kann das Big Bike seine Vorteile ausspielen. Ich habe ein viel größeres Drehzahlband und mehr Leistung und Traktion. So kann ich schneller fahren als die Enduros und fühle mich immer noch sehr sicher.

Wie reagieren deine Kollegen und die Community auf deine Entscheidung, mit einer Reiseenduro anzutreten?

Kevin: Die Kollegen sind meist sehr beeindruckt, wie man solche Strecken und Hindernisse mit so einem großen Bike fahren kann, aber die meisten sind auch noch keine Ténéré gefahren. Um ehrlich zu sein, muss man das einfach mal probieren; das Bike sieht groß aus und 200 Kilogramm klingen viel, aber beim Fahren ist die Maschine einer Enduro sehr ähnlich. Die Fans und die Community sind sehr begeistert! Ich freue mich, so ein bisschen das Bindeglied zu sein und die Reiseenduro-Fahrer in den Enduro-Sport zu bringen, aber auch einige Enduro-Fahrer von den Big Bikes zu begeistern. Das ist eine Win-Win-Situation für beide Seiten, finde ich! Der Content von den Romaniacs ging letztes Jahr um die Welt, die Instagram-Videos hatten mehrere Millionen Aufrufe und die Onboard-Perspektive aus dem Prolog hatte auf TikTok knapp 30 Millionen Aufrufe! Das sind unvorstellbare Zahlen, aber es zeigt deutlich, wie viele Menschen man mit dem Enduro-Sport und der Yamaha Ténéré begeistern kann!

Wie viel Erfahrung hast du bereits bei ähnlichen Rennen sammeln können?

Kevin: Ich habe bereits 2017 die Gold-Klasse auf Platz 13 gefinisht und letztes Jahr mit der Ténéré die Bronze-Klasse bestritten. An den zwei Tagen, die problemlos abliefen, konnte ich Top-30-Platzierungen einfahren, in einigen Checkpoints sogar Top-Fünf-Zeiten.

Welche Ziele hast du dir für die Red Bull Romaniacs 2024 gesetzt?

Kevin: Für dieses Jahr steht vor allem eines im Vordergrund: Keine Fehler machen. Ich werde schauen, dass ich im Prolog mein Top-Ten-Ergebnis von letztem Jahr wiederholen kann. Das war eine super Ausgangsposition für die Offroad-Tage. Am ersten Tag werde ich kein Risiko eingehen und schauen, was der natürliche Speed für ein Ergebnis bringt. Overall wäre ein Top-Ten-Ergebnis ein absoluter Traum und wurde bisher noch nie mit einem Big Bike geschafft. Wir werden sehen!

Was bedeutet es für dich persönlich, an diesem Rennen teilzunehmen und möglicherweise erfolgreich zu sein?

Kevin: Für mich waren die Red Bull Romaniacs auf der Ténéré letztes Jahr die beste Woche meines Lebens auf einem Motorrad. Das Ganze jetzt dieses Jahr mit meinem eigenen Team und der Unterstützung von Yamaha, Motorradtke und Endurides zu wiederholen, ist ein absoluter Traum! Ich bin mir bewusst, wie viel alle Beteiligten beitragen und sehr dankbar über den Support. Wir sind bestens vorbereitet, jetzt müssen wir nur noch abliefern.

Welche Tipps und Ratschläge würdest du anderen Fahrern geben, die darüber nachdenken, an extremen Enduro-Rennen teilzunehmen?

Kevin: Ich empfehle allen Leuten auf jeden Fall einmal eine Ténéré 700 zu testen. Wer bereits eine Ténéré oder eine andere Reiseenduro hat: Beschäftigt euch mal mit dem Offroad-Thema. Es gibt wenige Situationen, in denen man sich freier fühlen kann als auf dem Bike mitten in der Natur. Die meisten haben wenig Offroad-Erfahrung, das ist aber nicht schlimm: Ich biete auch Trainingskurse für Big Bikes an, bei denen man an einem Tag die Basics des Offroad-Fahrens erlernen kann und ready für sein erstes Offroad-Abenteuer ist.

Wir wünschen Kevin viel Erfolg und freuen uns auf seinen spannenden Rennbericht in der nächsten Ausgabe des Dirtbiker Magazines!

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